Barrierefreie Videos – was heißt das?

Hybrid Learning Center (HyLeC)

gefördert durch: Stiftung Innovation in der Hochschullehre

🚀 by Decker

Was ist ein Video?

Videos sind ein weit verbreitetes und beliebtes Medium und findet immer mehr Verwendung im Bildungsbereich.

Lehr- und Lernvideos gibt es in Form von Demonstrationsvideos und Erklärvideos, diese werden nach Persike (2019) unterteilt in Veranstaltungsaufzeichnung, Videopodcast, Lege- und Zeichentechnik, Screencast oder Slidecast.

Darüber hinaus gibt es weitere Formate, die keine klassischen Lehr- und Lernvideos sind, aber auch in der Lehre Verwendung finden können, wie Imagefilme, Kurzfilme, Spielfilme und vieles mehr.


Was bedeutet Barrierefreiheit in diesem Kontext?

Wann sind Videos Barrierefrei?

Barrierefrei sind Videos, wenn sie für alle gleichermaßen nutzbar und zugänglich sind.

Das bedeutet,

  1. dass alle zum Verständnis wichtigen Inhalte sowohl auditiv als auch visuell erfassbar sind (2-Sinne-Prinzip).

  2. dass das Video für alle erreichbar und bedienbar ist (2-Kanäle-Prinzip).

  3. dass das Video für alle verständlich ist (KISS-Regel - keep it short and simple).


Das Bild ist übersichtlich. Es sind kurze klare Aussagen formuliert. Fach- und Fremdwörter sowie fachspezifische visuelle Inhalte werden erklärt. Je nach Zielgruppe ist der Text ist in einfacher Sprache GfdS o.J. gehalten.

Vorteile!

Barrierefreie Videos sind nicht nur für Menschen mit einer Beeinträchtigung hilfreich, die Nutzungsmöglichkeiten und damit die Reichweite des Videos wird durch Barrierefreiheit für alle erweitert.

So unterstützen Untertitel z.B. Lernende mit einer anderen Muttersprache oder ermöglichen das Anschauen von Videos in öffentlichen Umgebungen auch ohne Kopfhörer. Untertitel können auch bei Dialekten oder schwer verständlicher Aussprache nützlich sein.

Audiodeskription (AD) unterstützt beim Vertiefen von Fachvokabular (z. B. von Gegenständen oder Aktionen, die im Bild gezeigt werden). AD ermöglicht das Lernen mit Videos, auch wenn der Fokus nicht ganz auf dem Bild sein kann, wie z.B. beim Mitschreiben bei Lehrveranstaltungen oder die Nutzung als Hörfilm beim Autofahren.

Drei Säulen barrierefreier Videos

Laut Puhl & Lerche (2019) gehören dazu: Untertitelung (UT) Audiodeskription (AD) und barrierefrei nutzbare Videoplayer und -plattformen.


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Abb.1: 3 Säulen barrierefreier Videos (nach Puhl & Lerche 2019)

Untertitel

Auditive Inhalte werden verschriftlicht und in Form von Untertiteln dem Video zugefügt.

Dabei werden sowohl die verbal-sprachlichen, als auch Hintergrundgeräusche, Musik, etc. schriftlich umgesetzt.

Es kann zwischen zwei Arten von Untertiteln für Menschen mit Hörbeeinträchtigung unterschieden werden:

  • Closed Captions: Untertitel können nach Bedarf zu- oder abgeschaltet werden. Dies sollte, wenn möglich, immer Vorrang haben!

  • Open Captions: Untertitel sind fester Bestandteil des Videos. Die meisten Videoplayer (z.B. Youtube, VLC-Player) können .vtt-Dateien einbinden. Die .vtt-Dateien bieten den Vorteil, dass die Nutzer*innen sich die Formatierungen entsprechend ihrer Bedarfe und Wünsche anpassen können.

Formatierung für Untertitel

Sollte ein Einbindung im .vtt-Format nicht möglich sein, können die Untertitel im Format .ass exportiert und eingebunden werden. Hier müssen folgende Standards zur Erstellung von Untertiteln beachtet werden:

  • Zeichenzahl pro Zeile: max. 37 Zeichen pro Zeilen (+/- 20%), zweizeilig,
  • Platzierung im Bild: pyramidenförmig am unteren Bildschirmrand,
  • Schriftart und -größe: serifenlose Schriftart, mind. 46pt. und
  • Schriftfarbe und Hintergrund: weiß, gelb, grün, cyan auf schwarzem Hintergrundbalken.


(Das Erste 2020)

Weitere Informationen zu Untertiteln

Mehr Informationen und Richtlinien zu Untertiteln gibt es auf den Seiten der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten Das Erste 2020:


Eine weitere Art der Untertitel sind interlinguale Untertitel, dabei werden die verbal-sprachlichen Inhalte in eine andere Sprache (z.B. Englisch übersetzt). Hier gelten andere Standards und Konventionen, z.B. werden Geräusche etc. nicht mit aufgeführt.

Mögliche Software zur Erstellung von Untertitel

  • Subtitle Edit: kostenlos – “händische“ Erstellung und Möglichkeit der Einbindung der AI „Whisper“ oder amberscript für automatische Untertitelung

  • YouTube: kostenlos – automatische Untertitelung, Videos müssen dafür allerdings auf Youtube geladen werden

  • Amberscript: nicht kostenlos, aber Kontingent im Hylec und im DoBuS vorhanden – automatische Untertitelung

  • Eve: nicht kostenlos, Kontiongent im DoBuS verfügbar – zur automatischen Untertitelung von (Live)-Veranstaltungen


Auch bei automatischer Untertitelung ist immer eine Nachbearbeitung notwendig!

Audiodiskeiption - ein weiterer Baustein von barriererfreien Videos

Eine Audiodeskription (AD) ist die akustische Bildbeschreibung der visuellen Elemente eines Films. Filme mit einer Audiodeskription werden als Hörfilme bezeichnet und ermöglichen blinden und sehbehinderten Menschen, die Filme als Ganzes wahrzunehmen und zu genießen (Hörfilm.info o.J.).

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Abb.2: Verschiedene Formen von AD

Verschiedene Formen von der Audiodeskription (AD)

  • Integrierte AD: alle notwendigen Beschreibungen werden schon im Sprechertext integriert. Sollte, wo möglich, bevorzugt werden.
  • „Klassische“ AD: Beschreibungen werden in die vorhandenen Tonlücken im Originalton eingesprochen
  • Erweiterte AD: Tonlücken im Originalton werden verlängert, sodass mehr Platz für die Beschreibung geschaffen wird
  • Schriftliches Transkript: Sehr umfangreiches Material wird schriftlich beschrieben und zur Verfügung gestellt, z.B. zusätzliche Beschreibungen von Tafelbildern, oder aber auch ein Quellcode

Standards für AD

Eine Entscheidung für die Art der Audiodeskription sollte vor der Videoproduktion getroffen werden.

Folgende Standards müssen Beachtung finden:

  • Schauplätze, Personen, Handlungen, Texteinblendungen
  • Zentralen Fragen: Wer? Wo? Was? Wann?
  • Innerhalb der Sprechpausen und gleichzeitig möglichst handlungssynchron (Bild und Text müssen zueinander passen)
  • Nicht immer in ganzen Sätzen, möglichst knapp und ohne Interpretation, Erklärung oder Bewertung, im Präsenz

(ARD, ORF, SRF & ZDF 2019)

Audiodeskription in Lehrvideos

Bei der Erstellung von Audiodeskription für Lehrvideos ist es wichtig, dass die didaktische Zielsetzung berücksichtigt wird.

Die Beschreibung muss es ermöglichen das entsprechende Lernziel zu erreichen, darf aber nicht bereits die Lösung für eine zugehörige Aufgabe „verraten“.


Mehr Informationen und Richtlinien zu Untertiteln gibt es auf den Seiten der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD, ORF, SRF & ZDF 2019).

Barrierefreier Videoplayer

Damit ein Videoplayer als barrierefrei gelten kann, muss dieser den Richtlinien der WCAG 2.1 entsprechen (W3C 2018). Für eine verkürzte Prüfung, ob der zur Verfügung stehende Videoplayer barrierefrei sein könnte, dienen die folgenden Merkmale:

  • Tastaturbedienbarkeit
  • Mit verschiedenen Hilfsmitteln ansteuerbar
  • Kontrastreich gestaltet
  • Buttons sind eindeutig beschriftet (Symbole sind nicht vorlesbar)
  • Möglichkeit Untertitel und Audiodeskription ein- und auszuschalten

Beispiele für barrierefreie Videoplayer


An der TU Dortmund steht Studierenden und Lehrenden die barrierefreie Degree-Webplattform zur Veröffentlichung und zum barrierefreien Anschauen von Lehrvideos zur Verfügung Degree5.0, (Delere et al. 2023). Eine Registrierung ist notwendig.

Alternativen

Aber auch, wenn kein barrierefreier Videoplayer zur Verfügung steht können verschiedene Maßnahmen getroffen werden, damit die Videos barrierefrei zur Verfügung gestellt werden.

So kann im VLC-Player eine Untertitelspur eingebunden werden, wenn auch keine Audiodeskription. Dies ist jedoch in den meisten Videoplayern der Fall. Hier muss dann als „Notlösung“ ein zweites Video mit Audiodeskription zur Verfügung gestellt werden.

Quellen

ARD, ORF, SRF & ZDF (2019): Vorgaben für Audiodeskription. Online verfügbar unter https://www.ndr.de/fernsehen/barrierefreie_angebote/audiodeskription/Vorgaben-fuer-Audiodeskriptionen,audiodeskription140.html

Das Erste (2020): Untertitel-Standards von ARD, ORF, SRF, ZDF. Online verfügbar unter https://www.daserste.de/specials/service/untertitel-standards100.html

DEGREE 5.0 - „Digitale reflexive Lehrer*innenbildung 5.0: videobasiert – barrierefrei – vernetzt“ o.J.. Projekt-Webseite. https://degree50.tu-dortmund.de/

Delere, M., Langner, J., Unteregge, S. & Wilkens, L. (2023). degree - eine Plattform zur barrierefreien videobasierten Fallarbeit in der reflexiven Lehrkräftebildung. In S. Hußmann & B. Welzel (Hrsg.), DoProfiL 2.0: Das Dortmunder Profil für inklusionsorientierte Lehrerinnen- und Lehrerbildung (S. 169-183). Waxmann. https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&buchnr=4736

Quellen

GfdS, Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. (o.J.): Leichte und einfache Sprache. https://gfds.de/leichte-und-einfache-sprache/

Hörfilm.info (o.J.): Audiodeskription. https://hoerfilm.info/audiodeskription.html

Persike, Malte (2019): Videos in der Lehre: Wirkungen und Nebenwirkungen. In: Helmut M. Niegemann und Armin Weinberger (Hg.): Handbuch Bildungstechnologie. Konzeption und Einsatz digitaler Lernumgebungen. Berlin, München: Springer; Ciando (Handbuch Bildungstechnologie), S. 271–301 https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-662-54373-3_23-1

Quellen

Puhl, S. & Lerche, S. Barrierefreie Videos in der Hochschullehre: Eine Initiative von BIK für Alle und der Justus-Liebig-Universität Gießen. In P. Tolle, A. Plümmer & A. Horbach (Hrsg.), Hochschule als interdisziplinäres barrierefreies System (S. 84-111). Kassel University Press. Tolle, P., Plümmer, A. & Horbach, A. (Hrsg.). Hochschule als interdisziplinäres barrierefreies System. Kassel University Press. https://doi.org/10.19211/KUP9783737607414

W3C (2018): Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1. W3C Recommendation 05 June 2018. https://www.w3.org/TR/2018/REC-WCAG21-20180605/




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„Barrierefreie Videos – was heißt das?“ von HyLeC - TU Dortmund. Dieses Werk und dessen Inhalte sind – sofern nicht anders angegeben – lizenziert unter CC BY-SA 4.0. Ausgenommen aus der Lizenz sind die verwendeten Logos.

Der Lizenzvertrag ist hier abrufbar: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Das Werk ist online verfügbar unter: https://hylec.tu-dortmund.de/

CC BY-SA 4.0